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Kernel

Dieser Artikel wurde für die folgenden Ubuntu-Versionen getestet:

Dieser Artikel ist größtenteils für alle Ubuntu-Versionen gültig.

Zum Verständnis dieses Artikels sind folgende Seiten hilfreich:

Wiki/Icons/tux.png Aus der Wikipedia: Ein Betriebssystemkern oder Systemkern (englisch kernel [ˈkɝːnəl]) ist der zentrale Bestandteil eines Betriebssystems. In ihm ist die Prozess- und Datenorganisation festgelegt, auf der alle weiteren Softwarebestandteile des Betriebssystems aufbauen. Er bildet die unterste Softwareschicht des Systems und hat direkten Zugriff auf die Hardware. Gängige Anforderungen an einen Systemkern sind Parallelverarbeitung verschiedener Aufgaben (Multitasking), Einhaltung zeitkritischer Grenzen, Offenheit für unterschiedlichste Anwendungen und Erweiterungen.

Den von Linus Torvalds und vielen anderen entwickelten Linux-Kernel gibt es bei Ubuntu mit eigenen Anpassungen und in verschiedenen Konfigurationen. Hauptsächlich sind dies:

Außer dem generischen Kernel hat nur noch der Echtzeitkernel bei Spezialanwendungen wie z.B. einem Tonstudio eine gewisse Bedeutung. Ubuntu Server nutzt ebenso den generischen Kernel.

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Kernel installieren

Bei der Installation von Ubuntu wird automatisch ein Kernel installiert, denn ohne diesen wäre das ganze System nicht lauffähig. Unter Ubuntu werden Kernel wie normale Software über die Paketverwaltung installiert [1]. Die entsprechenden Paketnamen heißen immer

  • linux-image-VERSION-ABINUMMER-VARIANTE

als konkretes Beispiel

  • linux-image-4.4.0-47-generic

Dennoch sollte man einen Kernel besser über ein Metapaket wie

  • linux-generic

installieren, denn nur so wird gewährleistet, dass bei einer Systemaktualisierung ("Update") neben dem Kernel automatisch die passenden Module und Kernel-Header-Dateien installiert werden. Bei der Installation eines Kernels wird dieser ebenfalls automatisch in den Bootmanager GRUB 2 eingetragen, so dass beim nächsten Rechnerstart die neueste Kernel-Version gebootet wird.

Kernel neu installieren

Unter Umständen kann zur Reparatur des aktuell laufenden Kernels eine Neuinstallation nötig sein. Dies erfolgt einfach über den Befehl:

sudo apt-get install --reinstall linux-image-$(uname -r) 

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Kernel deinstallieren

Hinweis:

Bei einer Aktualisierung des Kernels wird der alte Kernel niemals automatisch entfernt. Dadurch ist es möglich, noch mit dem Vorgänger-Kernel zu booten, falls es zu Problemen mit dem neueren Kernel kommen sollte.

Durch automatische Systemaktualisierungen (Updates) werden fehlerbereinigte Versionen des Kernels auf dem System installiert. Dies erkennt man z.B. beim Booten des Systems an mehreren Einträgen in GRUB 2. Seit Ubuntu 11.04 muss man das Untermenü "Erweiterte Optionen für Ubuntu" auswählen, um weitere bzw. ältere Kernel angezeigt zu bekommen. Das sieht dann beispielsweise so aus:

kernelauswahl_beim_booten-neu.png kernelauswahl_beim_booten_2.png
GRUB 2 Hauptmenü Untermenü für ältere Kernel

Beim Vergleich der linken und der rechten Abbildung erkennt man, dass neben dem neuesten Kernel 3.2.0-23-generic noch zwei ältere Kernel im System vorhanden sind: die Versionen 3.2.0-22-generic und 3.0.0-16-generic. Will man also im obigen Beispiel den älteren Kernel 3.0.0-16-generic und die Header-Dateien deinstallieren, so sucht man in der Paketverwaltung [1] nach den Paketen

  • linux-image-3.0.0-16

  • linux-headers-3.0.0-16

und deinstalliert sie. Dabei werden auch automatisch alle zugehörigen Kernel-Module entfernt, ebenso der Eintrag im Bootmanagern GRUB 2, um diesen Kernel zu booten. Da das bei Ubuntu und Xubuntu übliche Ubuntu Software alte, nicht mehr benötigte Kernel nicht anzeigt, installiert man für diese Aufgabe entweder die grafische Paketverwaltung Synaptic oder verwendet apt-get in einem Terminalfenster:

sudo apt-get remove --purge linux-image-3.0.0-16-generic linux-headers-3.0.0-16-generic 

Weitere Möglichkeiten

Betreibt man ein Ubuntu-System über einen längeren Zeitraum, so sind in der Regel mehrere Kernel-Versionen vorhanden. Da ein Kernel zusammen mit Header-Dateien und Kernel-Modulen einiges an Platz auf der Festplatte belegen kann (ca. 200 MiB), sollte man im Rahmen der Systempflege bei Gelegenheit ältere Kernelversionen, die man nicht mehr nutzt, deinstallieren. Besonders wichtig ist das bei verschlüsselten Systemen, die für /boot eine eigene Partition nutzen: ist diese voll belegt, können Kernel-Aktualisierungen nicht mehr automatisch installiert werden.

Dazu kann der folgende Befehl verwendet werden:

sudo apt-get autoremove --purge 

Dadurch werden alle alten Kernel bis auf die beiden neuesten Kernel entfernt (situationsabhängig ist es auch möglich, dass manchmal drei Kernel verbleiben).

Eine weitere Methode ist im Artikel Skripte/Alte Kernel entfernen beschrieben. Alternativ siehe auch folgende Möglichkeiten:

LTS- und HWE-Kernel

Bei den Ubuntu-LTS-Versionen (also 20.04, 22.04, …) hat man die Auswahl zwischen zwei Kerneln:

  • Der LTS-Kernel ist der Linux-Kernel in der Version der ursprünglichen Veröffentlichung der Ubuntu-LTS-Version, der über den versprochenen Supportzeitraum (aktuell 5 Jahre) vom Ubuntu-Kernel-Team gepflegt wird.

  • Man kann ▶ LTS Enablement Stacks (eine andere gebräuchliche Bezeichnung ist Hardware Enablement Stacks bzw. HWE) aktivieren und erhält dann für sein LTS-System bis zur Veröffentlichung der nächsten LTS-Version die Kernel der STS-Zwischenversionen als HWE-Kernel. Nachteil: Während der ursprüngliche Kernel bei LTS-Versionen immer bis zum Ende des Support-Zeitraums gepflegt wird, trifft das auf die neueren Kernel nicht unbedingt zu.

OEM-Kernel

In Sonderfällen kann die Installation des vom Ubuntu-Kernel-Team in regelmäßigen Entwicklungszyklen veröffentlichten OEM-Kernels sinnvoll sein. Siehe hierzu: https://wiki.ubuntu.com/Kernel/OEMKernel 🇬🇧

Mainline-Kernel

Seit März 2009 gibt es außerdem die Möglichkeit, einen Mainline-Kernel zu installieren. Damit wird man unabhängig von der über die offiziellen Paketquellen vorgegebenen Kernel-Version. Mehr Informationen finden sich im Artikel Mainline-Kernel.

Echtzeitkernel

Für manche Spezialanwendungen wird eine zuverlässig niedrige Reaktionszeit des Systems benötigt. Eine mögliche Anwendung sind z.B. Audio-Workstations mit extrem niedrigen Latenzen. Unter Umständen hat der normale Kernel eines Ubuntu-Systems diese Anforderung nicht hinreichend erfüllen können. Für solche Fälle hat es die früher von Ubuntu Studio bereitgestellten, auf Echtzeitverhalten optimierten Kernel, die das gesamte "Realtime-Patchset" 🇬🇧 von Ingo Molnár enthalten haben, gegeben. Mit Ubuntu 12.04 sind diese speziellen Funktionen teilweise in den Standard-Kernel integriert worden, wodurch man nun von einem "Low Latency"-Kernel spricht (siehe auch Realtime Kernel 🇬🇧).

Weitere Informationen zur Konfiguration eines Tonstudio-PCs findet man im Artikel Tonstudio/Konfiguration. Für reine Desktop-Systeme bringt ein Echtzeit- oder "Low Latency"-Kernel keinen Vorteil. Im Gegenteil, unter Umständen kann der Durchsatz sinken und der Stromverbrauch steigen.

Die benötigten Pakete sind über die Ubuntu-Paketquellen verfügbar.

  • linux-lowlatency

Befehl zum Installieren der Pakete:

sudo apt-get install linux-lowlatency 

Oder mit apturl installieren, Link: apt://linux-lowlatency

Problembehebung

Älteren Kernel starten

In sehr seltenen Fällen kann es vorkommen, dass nach einer Aktualisierung des Kernels bestimmte Dinge teilweise oder überhaupt nicht mehr funktionieren. Ist beispielsweise das WLAN danach ohne Funktion, kann man im Auswahlmenü des Bootmanagers GRUB 2 einen älteren Kernel starten (zur Handhabung siehe auch die Bilder „GRUB2 Hauptmenü“ und „Untermenü für ältere Kernel“ im Abschnitt Kernel-deinstallieren). Wie im Bild "GRUB2 Hauptmenü" dargestellt, wählt man mit den Pfeiltasten den Eintrag "Erweiterte Optionen für Ubuntu" und es öffnet das Bild „Untermenü für ältere Kernel“. Hier kann anschließend ein älteren Kernel ausgewählt werden. Die Reihenfolge ist in der Regel chronologisch, d.h. der älteste Kernel steht ganz unten in der Liste. Dann bestätigt man mit .

Kein Speicherplatz mehr frei

Es sollen Kernel-Aktualisierungen installiert werden, aber auf der separaten /boot-Partition ist kein Speicherplatz mehr frei bzw. es sind keine freien Inodes mehr vorhanden. Die Paketverwaltung APT meldet beim Versuch, einen älteren Kernel zu deinstallieren, folgenden Fehler:

gzip: stdout: No space left on device

Nicht mehr benötigte Kernel sollten dann mittels dpkg entfernt werden. Mehr dazu im Artikel Skripte/Alte Kernel entfernen (Abschnitt „Kein-Speicherplatz-mehr-frei“).

Sollte dies nicht möglich sein, muss manuell Platz geschaffen werden. Zur Analyse macht man folgende Abfragen:

df -h      # Speicherplatz
df -i      # Inodes 

Diese Abfrage ist auch angebracht, wenn ein neuer Kernel nicht vollständig installiert bzw. konfiguriert werden kann. Es kann u.U. sein, dass aus Platzmangel ein Paket nicht heruntergeladen werden kann und deshalb keine Konfiguration des neuen Kernels möglich ist.

1. Fall - /boot-Partition ist voll.

Um Platz zu schaffen, löscht man die im Verzeichnis /boot vorhandenen Dateien des ältesten vorhandenen Kernels - das ist der mit der niedrigsten Nummer. Danach können die überflüssigen Kernel deinstalliert bzw. die Paketverwaltung repariert werden.

Hinweis:

Eine Anleitung zur Bereinigung der /boot-Partition findet man im Wiki-Artikel "Skripte/Alte Kernel entfernen"

2. Fall - keine Inodes mehr vorhanden und/oder kein freier Speicherplatz auf der Root-Partition

Um Platz zu schaffen bzw. Inodes frei zu machen, löscht man im Verzeichnis /usr/scr die Header-Dateien der ältesten vorhandenen Kernel - das sind die mit der niedrigsten Nummer. Die Dateien der beiden neusten Kernel werden nicht gelöscht! Danach können die überflüssigen Kernel deinstalliert bzw. die Paketverwaltung repariert werden.

Verkleinerung des initramfs-Images

Als weiterführende Maßnahme zur Reduzierung des generellen Speicherplatzbedarfs des initramfs-Images in der /boot-Partition kann über die Datei initramfs.conf eine Einschränkung der für den Bootvorgang relevanten Module vorgenommen werden. Um zu erreichen, dass nur die für die Rechnerarchitektur tatsächlich erforderlichen Module geladen werden, muss in der Datei /etc/initramfs-tools/initramfs.conf der Defaultwert MODULES=most in MODULES=dep geändert werden. Anschließend kann das initramfs-Image über

sudo update-initramfs -u #für den aktuellen Kernel oder
sudo update-initramfs -uk 'all' #für alle vorhandenen Kernel 

aktualisiert werden. Alternative Optionen zum Laden der Module sind in der Manpage der initramfs.conf aufgeführt.

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Hyper-Threading aktivieren

Hyper-Threading (HT oder HTT) wird bei der Installation von Ubuntu Linux manchmal nicht automatisch aktiviert. Dies kann man jedoch mit ein paar Handgriffen schnell ändern. Zuerst muss sichergestellt sein, dass ein passender Kernel mit SMP-Unterstützung installiert ist. Bei Ubuntu ist dies der generic-Kernel.

Um zu prüfen, ob die Installation den Prozessor erkannt hat, gibt man im Terminal [3] folgenden Befehl ein:

lscpu 

Wird hier unter Thread(s) per core: mehr als 1 angezeigt, ist der nächste Schritt nicht notwendig.

Mit dem Boot-Parameter ht=on oder acpi=ht aktiviert man die Funktion manuell. Das Vorgehen ist im Artikel Bootoptionen beschrieben. Nach dem Speichern der Änderungen und einem Neustart des Rechners ist Hyper-Threading aktiv.

Hinweis:

Nicht jeder Prozessor, bei dem mittels des Befehls

grep ht /proc/cpuinfo 

das Flag ht angezeigt wird, ist auch tatsächlich HTT-fähig. Hier muss diese Fähigkeit erst recherchiert werden.

Intern

Extern

Diese Revision wurde am 13. März 2024 15:35 von karzer erstellt.
Die folgenden Schlagworte wurden dem Artikel zugewiesen: System, Tonstudio, Server, Kernel